Schön, dass Sie uns besuchen! Gerne erzählen wir Ihnen hier ein bisschen etwas über unsere Entstehungsgeschichte und unsere Produktionen in den vergangenen Jahren.





Wie alles begann
2018 entstand im Kulturverein Rodaun Aktiv die Idee, miteinander etwas füreinander zu machen. Kaum etwas eignet sich dazu besser als Theaterspielen, so der Konsens im Verein. Menschen mit unterschiedlichsten Talenten und Begabungen sollten zusammenkommen, um gemeinsam eine Inszenierung zu erarbeiten. Es begann ein spannender Prozess: Da war einerseits die Auseinandersetzung mit Autoren und ihren Texten und andererseits die Konfrontation untereinander in der Gruppe. Es wurde rasch klar, für den Start sollte ein Hugo von Hofmannsthal-Text gewählt werden. Wer sonst, wenn nicht dieser bekannte Schriftsteller und Wahl-Rodauner, sollte in Rodaun auf die Bühne gebracht werden?


10. Jän. 2019: Kick-of für das Rodauner Theater. Rund 40 Personen begannen an der ersten Produktion „frauJEDERmann“ mit dem Text von Hugo von Hofmannsthal zu arbeiten. Marcus Marschalek übernahm die Intendanz.
Aus Hofmannsthals Jedermann wurde frauJEDERmann
Mit dem „Jedermann“ hat Hofmannsthal ein Stück geschaffen, an dem sich Jahr für Jahr die besten deutschsprachigen Schauspieler:innen messen. Einerseits wollte Regisseur Marcus Marschalek zu Ehren Hofmannsthals den Text ungekürzt im Original spielen, aber zu den Salzburger Festspielen etwas Unvergleichbares auf die Bühne stellen. Und während in Salzburg über das Kleid der Buhlschaft und ihre Frisur diskutiert wurde, wurde in Rodaun die Rolle des Jedermann mit drei Schauspielerinnen besetzt. Das war ein Fokuswechsel, der dem gesamten Text plötzlich neue Facetten entlockte.
Bei einem ersten Kick-off am 10. Jänner 2019 haben sich rund 40 Menschen (erwartet wurden nur rund 15 Personen) auf ein konkretes Theaterprojekt eingelassen und ihr Mitwirken zugesagt. Damit wurde das „Rodauner Theater“, als Teil des Kulturvereins Rodaun Aktiv, gegründet.

Für 2020 wurde die erste Aufführung am Rodauner Kirchenplatz vorbereitet. Doch die COVID-19 Pandemie machte eine Theaterveranstaltung unmöglich und so wurde die Premiere von frauJEDERmann auf 2021 verschoben. Sechs Darstellerinnen schlüpften damals, aufgeteilt in zwei Teams, in die Rolle der FRAU JEDERMANN
Corona bedingt trat dann erst 2021 FRAU JEDERMANN als die erfolgreiche und taffe Geschäftsfrau auf den Rodauner Kirchenplatz, in unmittelbarer Nachbarschaft zum einstigen Wohn- und Arbeitssitz von Hugo von Hofmannsthal. Fast drei Jahre Vorbereitungs- und Probenzeit haben sich gelohnt und brachten mit frauJEDERmann einen großen Erfolg beim Publikum und wurden auch medial gewürdigt.



Das Team des „Rodauner Theaters“ ist in dieser Zeit auf fast hundert Personen vor und hinter der Bühne angewachsen. Es wurde beschlossen, unter dem Titel „Rodauner Theater Sommer“ eine Marke zu etablieren.
Mehr Infos und Fotogalerien zu frauJEDERmann 2021
Esel, Handwerker und eine Hochzeit: Shakespeares Sommernachtstraum
2022 inszenierte Katharina Hauer Shakespeares Sommernachtstraum.









Auch gab es 2022 auf vielfachen Wunsch eine Wiederaufnahme von frauJEDERmann.





Harter Tobak: „Der Rosenkavalier“ einmal anders
2023 stand Hugo von Hofmannsthals „Rosenkavalier“ auf dem Programm. In einer aufwändigen Umschreibung wurde Hofmannsthals Libretto auf den Rodauner Kirchenplatz gebracht. Das Stück spielt zur Zeit Maria Theresias. In der Rodauner Neuinszenierung wurde es jedoch in einen aktuellen Kontext gestellt: Die Bühne wurde zum Studio, in dem ein Rosenkavalier-Film produziert wird. Dabei zeigt sich, dass die Personen der Produktionsfirma den Charakteren des Rosenkavalier ähnlicher sind, als ihnen lieb ist – historische Handlung und aktueller Bezug wurden miteinander verwoben. Als Libretto war der Text der schmeichelnden Musik beraubt und enthüllte plötzlich seine ganze Härte und Missstände ankreidende Brutalität, etwa wenn der Baron über Vergewaltigungsfantasien mit Dienstmädchen aus Böhmen schwärmte. „Man kann den Rosenkavalier 2023 nicht unkommentiert auf die Bühne bringen. In Anbetracht der Missbrauchsdebatten in der Film- und Theaterbranche haben wir das Stück bewusst in den aktuellen Kontext eines Filmproduktionsstudios gesetzt und die Übergriffigkeiten aller Personen klar angesprochen, erläuterte Intendant Marcus Marschalek, der auch zusammen mit Bettina Schimak die Regiearbeit übernommen hatte.



Das Dramaturgie-Team hatte sich seit Februar 2022 intensiv mit dem Rosenkavalier und seiner Entstehung beschäftigt. Der ausgiebige Schriftverkehr zwischen Hugo von Hofmannsthal und Richard Strauss zeigt, wie sehr die beiden Künstler damals darum rangen, die Figuren richtig zu charakterisieren. Strauss und Hofmannsthal wurden dann in Rodaun auf der Bühne „lebendig“ und gaben so einen direkten Einblick in ihre intensive Auseinandersetzung, die als Ergebnis schließlich zum erfolgreichsten Stück ihrer Zusammenarbeit werden sollte.








Hofmannsthal schwierige „Komödie“
Mit „Der Schwierige“, eine „Komödie“ von Hofmannsthal, stellte sich das Team des Rodauner Theater Sommers 2024 einer großen Herausforderung. Zunächst musste der fast dreieinhalb Stunden lange Text drastisch gekürzt werden. Auch wurde der über 100 Jahre alte Stoff in die Kulisse eines modernen Wanderzirkus verfrachtet. Die Inszenierung von Marcus Marschalek unter der Regie von Katharina Hauer spielte mit den Themen Zeit, Vorherbestimmung und Notwendigkeit.












In den vergangenen Jahren haben sich mehr als 120 Personen rund um das Rodauner Theater engagiert. Viele von ihnen stammen aus Rodaun oder kommen aus der Umgebung. Mit den durchschnittlich zehn Aufführungen pro Jahr konnten bis 2024 in Summe rund 6000 Personen als Publikum erreicht werden.
Produktionsalltag: Oder nach dem Spiel ist vor dem Spiel
Der Aufwand hinter den Vorstellungen ist beträchtlich. So wird meist eineinhalb Jahre im Vorhinein an der Stückauswahl gearbeitet und mit den Textadaptionen sowie Inszenierungsideen begonnen. Im Herbst starten dann Leseproben, Castings und die Rollenverteilung für die Neuinszenierungen. Dann muss das Team den Text lernen, um für die ersten Proben Ende Februar vorbereitet zu sein.

Oktober 2024 Leseprobe für die Produktion „Der Besuch der alten Dame“
An bis zu drei Abenden pro Woche werden einzelne Szenen durchgespielt und an mehreren Probenwochenenden die Teile zu einem Ganzen zusammengesetzt, bevor es Mitte August in die intensive Vorbereitungsphase mit täglichen Proben und Stück-Durchläufen geht.
Die schauspielerische Arbeit ist jedoch nur ein Teil der Vorbereitungen. Aktuell müssen für die Inszenierung von Friedrich Dürrenmatts „Der Besuch der alten Dame“ für 28 Schauspieler:innen 62 Kostüme und mehr als 100 Requisiten organisiert werden. Auch gilt es, Ideen für das Bühnenbild handwerklich umzusetzen, um die Kulissen wind- und wetterfest und den Behördenauflagen entsprechend zu bauen. Die Schauspiel-, Kreativ- und Organisationsteams arbeiten ehrenamtlich.








Das Publikum erreichen
Aufwändig auch das Bewerben der Vorstellungen mit Flyern, Plakaten, Bannern und viel Onlinewerbung in den sozialen Netzwerken. Die Beobachtung ist, dass Menschen nach Corona immer knapper vor den Vorstellungen buchen und auf Schönwetter spekulieren, was das gesamte Team finanziell immer wieder in den Krisenmodus versetzt, da fast alle Ausgaben bereits vor den Vorstellungen und den erhofften Einnahmen zu tätigen sind. Die Förderung durch den Bezirk Liesing federt das zwar ein wenig ab, dennoch bleibt ein hohes Restrisiko. Aufgrund der fix genehmigten Spieltage sind Ersatzvorstellungen nicht möglich. So hat der Rodauner Theater Sommer auch ein Schlechtwetter-Ausweich-Quartier im Kulturzentrum Perchtoldsdorf gefunden, in dem eine zweite Bühne mit identer Audio- und Lichttechnik jedes Jahr aufgebaut wird.


Bühnenaufbau im Kulturzentrum Perchtoldsdorf als Ersatzquartier für Schlechtwetter
Podeste, Traversen, Kabel und Scheinwerfern
Die Open-Air-Bühne am Rodauner Kirchenplatz kann erst am Montag vor der Premiere mit LKWs angeliefert und aufgebaut werden. Zuvor ist der Kirchenplatz für Hochzeiten in der Bergkirche reserviert. Der Schritt von einer kleinen Probebühne auf die rund 50 m² am Kirchenplatz ist eine große Herausforderung! Es bleibt auch wenig Zeit, die aufwendige Lichttechnik am Originalschauplatz abzustimmen. Mehrer hundert Meter DMX-Kabel für die Scheinwerfertechnik werden verlegt, Nebelmaschinen und andere Effekte montiert, sowie „unzählige“ Meter Schukokabel ausgerollt, um von der Ambientebeleuchtung bis hin zum Würstelkocher alles rund um die Bühne mit Strom zu versorgen.



Vor der Generalprobe werden dann auch 220 Sessel angeliefert, die in Reihen fix miteinander verbunden werden müssen. An diesem Tag wird auch das gesamte Equipment für das Catering, das vom Rodauner Theater Team selber organisiert wird, angeliefert: Zelte, Kochplatten, Kühlschränke, Geschirrspüler, 1000 Gläser, 400 Teller und Schüsseln. Ein eigenes Küchenteam organisiert den Einkauf der Lebensmittel und Getränke. Auf die mobilen Toilettenanlagen und deren tägliche Reinigung darf auch nicht vergessen werden.
Gemeinschaft schaffen
„Warum tut man sich das alles überhaupt an“, fragt sich das Team des Rodauner Theater Sommer immer wieder. Das miteinander Tun schafft Gemeinschaft. Die vielen Menschen vor und hinter der Bühne kommen aus den unterschiedlichsten Quellberufen. Nur wenige stehen auch hauptberuflich auf der Bühne oder verdienen an anderen Stellen im Theaterbetrieb ihr Geld. Auch im Rodauner Theater treffen sich Menschen, die verschiedenen Parteien zuzuschreiben sind. Sie gehören unterschiedlichen Religionen an und haben zu gesellschaftlichen Themen durchaus gegensätzliche Meinungen. Das miteinander Tun und Arbeiten auf ein gemeinsames Ziel hin bringt jedoch einander näher, so die Erfahrung.

Die Auseinandersetzung mit den Theaterstücken bedingt Diskussionen. In einer Redewendung heißt es: „Durchs Reden kommen die Leute zusammen“. Theater ist Projektionsfläche, Experimentierraum und Reflexionszone. Zunächst für das große Team des Rodauner Theater Sommers, aber dann auch für das Publikum. „Gäbe es den Rodauner Theater Sommer nicht, würde ein schöner Begegnungsrahmen für Menschen in und rund um Rodaun wieder verschwinden,“ so ein Feedback einer Zuschauerin und ein anderer Zuschauer formuliert: „Die Stücke am Rodauner Kirchenplatz thematisieren wesentliche und aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen. Ich mag es, nach der Vorstellung mit meinen Freunden darüber zu diskutieren und mir Impulse für den Alltag davon mitzunehmen.”
